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„Mitten ins Herz“ - Ein Gastkommentar in den OÖ Nachrichten

Gastkommentar von Franz Kehrer, MAS, Direktor der Caritas in Oberösterreich

Der 13.3. war ein „schwarzer Tag“ für Österreich. Denn der Beschluss der Reform der Mindestsicherung wird Menschen, die derzeit oder künftig von Armut betroffen sind, noch ärmer machen. Österreich verabschiedet sich damit vom bisherigen Ziel der Armutsbekämpfung - das kommt im Gesetz als Ziel auch tatsächlich nicht mehr vor.

Und das ohne jeden Anlass, denn das Schreckensbild der „Zuwanderung ins Sozialsystem“, war nur ein „Nebelwerfer“, offenbar um die Bevölkerung von der Notwendigkeit zu überzeugen. Derzeit zeichnet sich in allen Bundesländern ab, dass die Zahlen der BezieherInnen von Mindestsicherung rückläufig sind oder stagnieren. 0,9 Prozent ist der Anteil der Mindestsicherung an den gesamten Sozialausgaben in Österreich. 606 Euro erhalten Mindestsicherungs-EmpfängerInnen im Schnitt im Monat, 8,5 Monate ist die durchschnittliche Bezugsdauer. Denn es war immer schon eine Überbrückungshilfe und die Aufnahme von Arbeit war immer schon Verpflichtung. Das Bild, dass hier massenweise Leute dauerhaft „vom Sozialsystem leben“ ist also ebenfalls falsch.

Der „Pfeil“, der mit der Reform auf die vermeintlich arbeitsunwilligen „Ausländer“ abgeschossen werden sollte, trifft alle von Armut Betroffenen. Und er trifft auch mitten ins Herz der Werte, die bisher in unserem Land hochgehalten wurden: Menschlichkeit, Zusammenhalt und Solidarität sind das Fundament einer Gesellschaft und diese werden bewusst beschädigt.

Dass Familien mit mehreren Kindern, die ohnehin von einem hohen Armutsrisiko betroffen sind, in Zukunft weniger erhalten werden, ist nur eine der Verschlechterungen mit der Reform. Bei den Leistungshöhen gibt es keine Mindestbeträge mehr – was bedeutet, dass den Ländern nach unten keine Grenzen gesetzt sind, wie viel die Menschen nun an Geld erhalten werden. Und die Ämter können sich nun bis zu 6 Monate Zeit lassen, bis sie entschieden haben, ob man Mindestsicherung bekommt. In sozialen Notlagen ist das natürlich eine Katastrophe, so lange warten zu müssen. Eigentlich sollte gelten, wer schnell hilft, hilft doppelt!

Es bleibt jetzt nur noch zu hoffen, dass die oö Landesregierung nun die Beträge und auch die Rahmenbedingungen so ausgestaltet, dass die Menschen nicht noch tiefer in die Armut getrieben werden. Ich richte meinen dringenden Appell an unsere Landespolitiker, das unterste soziale Netz nicht noch zu zerschneiden – es fallen ohnehin jetzt schon einige durch die Lücken. Denn Armut kann jeden treffen. Wie schnell das gehen kann, merkt man allerdings leider erst dann, wenn man selbst betroffen ist. Den Satz „ich hätte mir nie gedacht, einmal um Hilfe bitten zu müssen“, hören wir ständig in unseren Beratungsstellen. Die Sorge um den sozialen Zusammenhalt für alle sollte eigentlich Hauptaufgabe eines Staates sein. Zu „allen“ gehören auch Menschen, die sich in einer schwierigen Lebenssituation befinden. Oder nicht?