Caritas zu Weltflüchtlingstag: „Europa braucht dreistufigen humanitären Aktionsplan“

Landau appelliert an EU und Österreich, die Hilfe vor Ort auszuweiten und überfüllte Lager in Griechenland zu evakuieren. „Auch Österreich kann und soll hier einen Beitrag leisten.“

Laut aktuellem UNHCR-Bericht befinden sich derzeit weltweit knapp 80 Millionen Menschen auf der Flucht – 40 Prozent davon sind Kinder. Allein der Krieg in Syrien hat mittlerweile 13,2 Millionen Menschen zu Vertriebenen, Asylsuchenden und Binnenvertriebenen gemacht. Caritas Präsident Michael Landau fordert vor diesem Hintergrund einen dreistufigen humanitären Aktionsplan Europas: „Auch, wenn die überwiegende Mehrheit dieser Menschen in ihrer Heimatregion Schutz und Zuflucht findet, ist klar: Wer nicht möchte, dass sich die Ereignisse von 2015 wiederholen, muss sich für mehr Hilfe vor Ort, für eine europäische Lösung im Umgang mit schutzsuchenden Menschen einsetzen und dafür, dass hier auch Österreich einen stärkeren Beitrag als bisher leistet. Die Corona-Krise hat die Not der Menschen aus der Öffentlichkeit verdrängt, doch diese Not ist da und wir sollten einen aktiven Beitrag leisten, um sie zu lindern.“

Dreistufiger humanitärer Aktionsplan Europas

Die Caritas spricht sich in diesem Zusammenhang einerseits für eine deutliche Stärkung der Hilfe vor Ort durch die EU und seine Mitgliedstaaten aus. „Die fehlenden Mittel für das World Food Programme waren 2015 ein maßgeblicher Grund für die große Fluchtbewegung. Und auch heute schlagen die Vereinten Nationen Alarm, weil die entsprechenden Mittel fehlen. In dem Wissen, dass hier Österreich zuletzt mehr Mittel zur Verfügung gestellt hat, gilt auch hier: Es gibt noch Luft nach oben. Die Mittel für den Auslandskatastrophenfonds und österreichische Entwicklungszusammenarbeit müssen deutlich und dauerhaft erhöht werden. Das Ziel ist klar: Mehr Hilfe vor Ort heißt auch weniger Gründe, die Menschen dazu zwingen, zu flüchten.“
 
Von Österreich erhofft sich Landau in einem zweiten Schritt auch eine aktive und konstruktive Mitarbeit an einem neuen europäischen Pakt zu Asyl und Migration, der von der EU-Kommission in Kürze vorgestellt werden soll. Landau: „Die deutsche Ratspräsidentschaft ab Juli bietet eine Chance. Österreich könnte hier als ein Land, das sich selbst als Mittler zwischen Ost und West versteht, eine wichtige Rolle zukommen. Denn klar ist: Am Ende kann es keine deutsche, keine ungarische oder österreichische, sondern nur eine europäische Lösung geben. Und diese europäische Antwort muss beides können: Sie muss dem nachvollziehbaren Wunsch nach geordneten Verhältnissen an den EU-Außengrenzen gerecht werden und Menschen, die Schutz brauchen, diesen Schutz ermöglichen. Wir dürfen nicht nur Grenzen, wir müssen auch Menschen schützen.“

Caritas für Wiederaufnahme von humanitären Aufnahmeprogrammen

In einem dritten Schritt appelliert Landau an die EU-Mitgliedstaaten, sich so wie in der Vergangenheit wieder an humanitären Aufnahmeprogrammen zu beteiligen. „Die Situation auf den griechischen Ägais-Inseln ist dramatisch. Wenn Österreich hier zuletzt finanzielle und logistische Hilfe bereitgestellt hat, ist das zu begrüßen. Doch wer die humanitäre Krise in den Lagern wie Moria auf Lesbos vor Augen hat, weiß: Es besteht auch für Österreich dringender Handlungsbedarf. Wir müssen hier auch humanitäre Hilfe leisten. Als Caritas appellieren wir an die österreichische Bundesregierung, besonders schutzbedürftige Menschen – Familien mit Kindern, Menschen mit Behinderung oder Pflegebedarf – von den völlig überfüllten Lagern Griechenlands zu evakuieren und dem Beispiel anderer Länder wie Großbritannien, Belgien, Deutschland oder Portugal zu folgen.“
 
Bereits in den Jahren 2013 bis 2018 gab es in Österreich drei „Humanitäre Aufnahmeprogramme“ (Resettlement). Dabei wurden 1.250 syrische Flüchtlinge aus der Türkei, dem Libanon und Jordanien auf sicherem und legalem Weg nach Österreich gebracht. Ähnliches (Relocation) wäre auch jetzt im Fall von Griechenland denkbar. „Klar ist: Nicht jeder, der Asyl beantragt, kann auch Asyl erhalten. Aber jeder muss das Recht auf faire, rasche und qualitätsvolle Verfahren haben“, so Landau abschließend.
 

So hilft die Caritas

Syrien und Nachbarländer Syriens
25,67 Mio. Euro wurden von der Caritas Österreich für die humanitäre Hilfe in der Syrienkrise bisher aufgewendet. Die Caritas hat seit Ausbruch des Kriegs in Syrien 180.000 Menschen vor Ort geholfen. Die Hilfe konzentrierte sich in den ersten Jahren auf die akute Nothilfe – von Lebensmitteln, Hygieneartikeln, medizinische Versorgung, Shelter/Unterkunft. Nun liegt der Fokus darauf den Betroffenen Perspektiven zu geben. Mit dem regionalen Bildungsprogramm für syrische Flüchtlingskinder (RHEP) im Libanon, Jordanien und Syrien ermöglicht die Caritas mit ihren Partnern mehr als 10.000 Kindern und Jugendliche Zugang zu Schulen und psychologischer Betreuung. Um Familien zu helfen, die durch den Krieg in Syrien ihre gesamte Lebensgrundlage verloren haben, erhalten besonders vulnerable Gruppen bargeldbasierte Unterstützung. Gemeinsam mit der Caritas Schweiz und anderen Partnern ermöglicht das ECHO-finanzierte Programm CARMA seit August 2019 lebenserhaltende Hilfen. Unterstützt werden 1.500 Familien im ländlichen Raum Damaskus, Ost-Ghouta und Aleppo mit monatlichen Geldzuschüssen um ihre Grundbedürfnisse decken zu können.
 
Griechische Inseln und Festland
Auf Lesbos arbeitet ein Team der Caritas Hellas in den Lagern Kara Tepe und Moira sowie im Lager Vial auf Chios, geflüchtete Menschen werden mit Hygienepaketen ausgestattet und bei der medizinischen Versorgung unterstützt. Aufgrund der katastrophalen, humanitären Verhältnisse sowie vor dem Hintergrund der Ausbreitung des Corona-Virus und der damit einhergehenden Krankheit COVID-19 arbeitet die Caritas auf der Insel Samos mit Ärzte ohne Grenzen (MSF) im Bereich Wasser und Hygiene zusammen. Die Caritas Österreich unterstützt MSF, um den Zugang zu Wasser über den Betrieb einer Wasseraufbereitungsanlage im Flüchtlingscamp Vathy zu verbessern und die Bereitstellung von aufbereitetem Trinkwasser außerhalb des offiziellen Lagers, um ein Mindestvolumen an Trinkwasser pro Person und Tag zu gewährleisten. Auf dem Festland, in Athen, unterstützen wir derzeit ein Sozialzentrum in Kipseli, das von der Caritas Griechenland geführt wird. ‚Kipseli‘ ist nicht nur ein Schulungs- und Beratungszentrum für Asylsuchende und MigrantInnen, sondern bietet zugleich auch Unterstützung und Beratung für die lokale Bevölkerung an (etwa in Arbeitsfragen). Außerdem ermöglichen wir gemeinsam mit unseren Partnern derzeit 26.000 Menschen Schutz und eine Unterkunft in Griechenland.
 
Die Caritas am Balkan
In Serbien, Bosnien und Herzegowina wird die tägliche Hygiene sichergestellt. Geflüchtete erhalten Hygieneprodukte, Masken und Desinfektionsmittel oder können einen Wäschedienst in Anspruch nehmen. Durch den Beitrag der Caritas Österreich können in Bosnien und Herzegowina die Kosten für die Unterkunft (Strom, Wasser) und die Versorgung mit Lebensmitteln von 1.500 Personen sowie der zusätzliche Ankauf von Hygienematerial gedeckt werden. Darüber hinaus hilft die Caritas mit psychosozialer Betreuung und Bildungsaktivitäten in Serbien.
 

Die Caritas bittet um Spenden für Menschen auf der Flucht:

Caritas OÖ Spendenkonto
Raiffeisenlandesbank IBAN: AT20 3400 0000 0124 5000
Kennwort: Flüchtlingshilfe