Lyriker aus St. Pius mit dem „Ohrenschmaus“ ausgezeichnet

Foto (c) Stefan Fürtbauer

Michael Wilhelm, Mitglied der Literaturgruppe am Caritas-Standort St. Pius in Steegen/Peuerbach, ist am Montag, 22. März, mit dem Literaturpreis „Ohrenschmaus“ in Wien ausgezeichnet worden. Inge Weinberger, Michael Schinko und Silvia Hochmüller, ebenfalls LiteratInnen in St. Pius, wurden ebenfalls geehrt. Insgesamt 77 AutorInnen haben 2020 ihre Texte zum Literaturwettbewerb Ohrenschmaus eingereicht.  

Der Literaturpreis „Ohrenschmaus“ fördert jedes Jahr in den drei Kategorien Prosa, Lyrik und Lebensgeschichte Texte von Menschen mit Lernbeeinträchtigung und Schreibtalent mit insgesamt 3.000 Euro. Die Jury rund um Felix Mitterer lobte bei der Preisverleihung die hohe Qualität der mutmachenden und zuversichtlichen Texte, die trotz der schwierigen Lebenssituationen von Menschen mit Beeinträchtigung in der Corona-Zeit geschrieben worden sind.

„Lyriker Michael Wilhelm richtet in seinem Gedicht ‚Was ich alles bin‘ den Blick auf sein Ich. Selbstkritisch, distanziert, humorvoll und pointiert ist seine lyrische Selbstbefragung. Er spielt auf eine lebenslange, schwierige Übung an, die es zu meistern gilt - die tägliche Menschwerdung“, so Kinderbuchautor Heinz Janisch in seiner Laudatio. Beim Interview auf der Bühne antwortete Michael Wilhelm auf die Frage, welche der von ihm beschriebenen Merkmale er am liebsten mag, ganz spontan: „Dass ich Mensch bin, dass ich menschlich bin.“

Neben Michael Wilhelm, der in der technischen Werkstatt der Caritas in St. Pius arbeitet und mit seiner Frau in einer Wohnung in Peuerbach lebt, gratulierte Laudator Janisch in seiner Rede auch Caritas-Mitarbeiterin Theresia Klaffenböck, die als Leiterin der Literaturgruppe „vieles richtig zu machen scheint“. Schließlich sei fast jedes Jahr ein Text aus der Feder eines Autors oder einer Autorin aus der Caritas OÖ unter den HauptpreisträgerInnen.

Die Ohrenschmaus-Jury setzte außerdem Silvia Hochmüller aus St. Pius auf die Ohrenschmaus-Ehrenliste. Inge Weinberger und Herbert Schinko erhielten den Zotter-Schokopreis. Ihre Texte zum Thema Mut zieren nun die Banderolen der Zotter-Ohrenschmaus-Schokolade. 

Caritas-Mitarbeiterin Theresia Klaffenböck freut sich über die Auszeichnungen: „Unsere LiteratInnen schreiben, um des Schreibens Willen. Wenn ihre Texte dann gedruckt werden, nehmen sie oft zum ersten Mal wahr, dass ihre Worte auch eine Außenwirkung haben. Das zu sehen oder die Teilnahme an einer Preisverleihung stärkt ihre Persönlichkeit. Sie werden mutig und schreiben voller Freude weiter.“ In der Gruppe ist jeder neugierig auf das, was der andere schreibt. Hier ist kein Neid, sondern Wohlwollen da. „Wir lachen gemeinsam über besonders originelle Formulierungen. Auch das Schreiben nur für die Psychohygiene hat in unserer Literaturgruppe Platz“, erzählt Theresia Klaffenböck.

Der Literaturpreis Ohrenschmaus wurde 2007 vom Autor Franz-Joseph Huainigg initiiert.

 

Text des Hauptpreisträgers in der Kategorie Lyrik, Michael Wilhelm:

Was ich alles bin

 

Ich bin ein Schreiberling

Ein dicker Mensch

Ein Zuhörer

Ich bin ein Rapid Fan

Ein Klugscheißer

Ein nervöses Bündel

Ich bin ein Schwarzhumoriger

Ich bin ein Kino Geher

Ich bin ein lebendes Kinoprogramm

Ich bin Cola Süchtiger

Ein Politischer Zeuge

Ich bin ein Wortspieler

Ich bin ein WC Hocker

Ich bin ein Blindgänger,

als Mensch könnte ich auch durch gehen.