Neben der Ortstafel von St. Georgen an der Gusen steht eine Frau

Ein Tag im Leben von Sandra, Mitarbeiterin der Mobilen Pflege

„Wir sind da, wo du zuhause bist“ ist nicht nur das Motto der Mobilen Pflege, sondern auch der Grund, warum sich Sandra Wahl, 43, für genau diesen Job entschieden hat. Die Mutter zweier Teenager aus St. Georgen an der Gusen war bereits 20 Jahre im Einzelhandel tätig, als sie der Gedanke an eine Ausbildung zur Fachsozialbetreuerin Altenarbeit nicht mehr losließ. Ein Berufswechsel mit zwei schulpflichtigen Kindern? Absolut machbar, entschied Sandra nach kurzer Bedenkzeit – eine relativ kurze Ausbildung und die sichere Arbeitsstelle direkt im Heimatort überzeugte sie. Bereits zwei Jahre später klopft Sandra jeden Tag an die unterschiedlichsten Türen und lebt ihren Traum eines abwechslungsreichen und aufregenden Jobs in der Mobilen Pflege. Uns hat sie an einem ganz normalen Arbeitstag mitgenommen.

5:30 - Mein Wecker klingelt. Eigentlich bin ich ja kein Morgenmuffel, aber ansprechen sollte mich in den nächsten Minuten trotzdem noch keiner.

5:55 - Mit leerem Magen ist nicht gut arbeiten: Ich trinke einen halben Liter warmes Zitronenwasser und genieße mein Dinkelflockenmüsli mit Nüssen und Hafermilch, bevor mein jüngster Sohn die Küche stürmt.

6:35 - Nachdem der Sohnemann versorgt ist kontrolliere ich meine Tasche, die wie immer bereits gepackt im Wohnzimmer auf mich wartet. Darin befindet sich meine Mappe mit sämtlichen Dokumentationsblättern, meine Hausschlapfen, Handschuhe, Desinfektionsmittel, Verbandspacket, Handcreme, Kugelschreiber und was frau halt noch so braucht. Ab ins Auto damit, das Firmenschild schnell aufs Dach, Kilometer ablesen und los geht’s!

07:02 – Auf dem Weg zur ersten Patientin, setze ich meinen Sohn bei der Schule ab – 5 Minuten später bin ich bereits bei Frau H.: Sie ist noch relativ mobil und braucht wenig Unterstützung. Ich komme zum Insulinspritzen vorbei, eine Heimhelferin unterstützt sie zusätzlich bei der Körperpflege und im Alltag. Obwohl Frau H. ein relativ kurzer Stopp ist, nehme ich mir gerne Zeit, um ein wenig zu quatschen. Im Unterschied zur Arbeit in stationären Einrichtungen ist es das, was ich an meiner Arbeit am Meisten schätze: Der persönliche Kontakt zu den Kunden und die individuelle, ganzheitliche Betreuung, die im privaten Umfeld einfach besonders gut möglich ist.

07:35 – Zurück im Auto gebe ich die Betreuungszeit ins Diensthandy ein und dann bin ich wieder auf dem Weg. Ich liebe es, alleine unterwegs zu sein, aber nur einen Anruf entfernt tolle KollegInnen zu haben, die sofort helfen und unterstützen, wenn es mal hakt!

07:40 - Mein Lieblingslied „Shallow“ von Lady Gaga und Bradley Cooper läuft gerade. Ich stimme frisch drauf los mit ein und frage mich im gleichen Moment, was die Leute wohl von der fröhlich singenden Frau im Auto denken. Während der Autofahrt kann ich die Betreuung noch einmal revue passieren lassen und ganz nebenbei auch in Ruhe meine Bananenmilch und meinen Tee trinken.

07:55 – Als nächstes halte ich bei Frau E.: Der Schlüssel liegt wie immer am vereinbarten Ort, ich gehe rein und klopfe an der Schlafzimmertür. Frau E. ist bettlägerig und antwortet stets mit einem lauten „Wer do?“. Eigentlich würde sie mich privat gut kennen, aber sie leidet an starker Demenz.

08:16 - Das Frühstück für Frau E. besteht aus einem Milchkaffee mit ein bisschen Zucker und einem Semmerl mit Butter und Marmelade. Dazu richte ich ihr schon mal ihre Medikamente her. Vorher geht’s jedoch ab unter die Dusche, was sie stets mit einem „Du bist ein Engerl“ kommentiert.

08:45 - Frau E. genießt ihr Frühstück, während ich die Wohnung ein wenig aufräume und ihr für den Vormittag Getränke und Obst herrichte. Dann fülle ich gemeinsam mit Frau E. ihre Dokumentationsmappe aus: Dort erwähne ich zu Beispiel Hautdefekte oder andere Auffälligkeiten,
Stimmungsschwankungen etc. Ihre Kinder können dadurch dem Gesundheitsverlauf der Mutter
besser folgen.

08:55 - Während ich noch die Dokumentationsmappe ausfülle, kommt ein Anruf aus der Schule
meines Sohnes. Er ist beim Handyspielen ertappt worden und ich muss vorbeikommen. Ich drücke im
Diensthandy schnell auf „Pause“ und düse in Richtung Schule. So etwas wäre im Einzelhandel
unmöglich gewesen, denke ich erleichtert.

09:30 - Das Handy ist wieder dort, wo es hingehört (in Mamas Tasche) und ich stehe vorm nächsten
Kunden. Herr A. ist ein 85-jähriger Altbauer, der mit seinem Sohn in einem älteren Bauernhaus lebt.
Herr A. empfängt mich jeden Tag in seiner Stube im Rollstuhl – neben ihm steht die obligatorische 2L
Flasche Almdudler, während aus dem Radio stets Helene Fischer tönt.

09:44 - Während ich das Badezimmer noch aufheizen lasse, starten wir mit der Rasur. Die genießt er
immer sehr und wird ein bisschen schläfrig. Spätestens bei der Dusche ist er aber wieder lautstark da.

10:15 - Herr A. ist fertig geduscht und wieder im Bett. Nachdem ich den Katheder gewechselt habe,
bespreche ich die Details mit dem Sohn. Dieser fragt jedes Mal, welche KollegIn denn das nächste
Mal kommt. Grundsätzlich haben wir oft dieselben Kunden, aber eben nicht ausschließlich. Das finde
ich super, denn so hat man mehr Abwechslung und kann den Pflegeverlauf mit neutraleren Augen
betrachten.

10:33 - Unterwegs ruft mich plötzlich meine Teamleiterin an und bittet mich, Medikamente für
einen anderen Kunden abzuholen, da meine Kollegin spontan ausgefallen ist. Ich lade mir die Daten
des Klienten auf das Diensthandy – das ist vor allem für die Kundenabrechnung wichtig – und fahre
zum Kunden. Nachdem ich dort E-Card und Bargeld abgeholt habe, muss ich noch zum Arzt für das
Rezept. Bei der Gelegenheit benütze ich auch dessen Kundentoilette – nicht unwichtig in einem
Beruf, in dem man viel unterwegs ist. Erst dann geht es zur Apotheke und wieder zurück zum
Kunden.

11:22: Gegen Dienstende fahre ich noch ins Büro und hole neue Vorräte für meine Tasche. Ich
brauche mehr Handschuhe und Desinfektionsmittel. Bei der Gelegenheit trinke ich einen Kaffee mit
meiner Teamleiterin und informiere sie über Allfälliges.

12:10: Am Heimweg hole ich meinen Sohn pünktlich von der Schule ab und verhänge gleich
Handyverbot für den Rest des Tages. Auf dem Parkplatz vor meinem Haus schreibe ich mir alle
gefahrenen Kilometer (46) auf, überprüfe ein letztes Mal meine Arbeitszeit und melde mich für heute
am Diensthandy ab.

Jetzt heißt es: Abschalten, Freizeit genießen und Energie für den nächsten
spannenden Arbeitstag tanken!

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