Rückblick und Ausblick

Unsere Arbeit gestern, heute und morgen

1990: Rumänien

Männer stehen vor der Entladung eines Hilfskonvois.

Auslöser für die Gründung eigener Auslandsabteilungen der Caritas in den österreichischen Diözesen war die Wende in Osteuropa. Besonders die Bilder und Informationen aus Rumänien lösten eine riesige Welle der Hilfsbereitschaft in Oberösterreich aus. Die ersten Hilfstransporte aus Pfarren waren schon im Dezember unterwegs, Anfang Februar wurde der erste große Hilfskonvoi von Caritas Linz und Rotem Kreuz (mit 350 t Kleidung und Lebensmitteln) durchgeführt. Aufgrund von Kontakten zwischen den Priesterseminaren in Linz und Alba Iulia, die es bereits vor der Wende gegeben hatte, entschied sich die Caritas Oberösterreich, hauptsächlich in Alba Iulia aktiv zu sein. Denn in den chaotischen Zeiten war es nicht leicht, verlässliche Partner zu finden. Diese Partnerschaft besteht bis heute in vielfältiger Weise.

In den ersten Jahren wurden sehr viele staatliche Einrichtungen mit Hilfsgütern unterstützt: Armenküchen, Waisenheime, Krankenhäuser uvm. Parallel dazu war es jedoch immer ein Ziel der Caritas Oberösterreich, auch in Alba Iulia einen Beitrag zum Aufbau der Caritas zu leisten und diesen mit einkommensschaffenden Projekten auch finanzieren zu können (Gründung der Secondhand Geschäfte Carlia). Strukturhilfe war und ist ein wichtiger Teil der Unterstützung.

Da sich sehr viele ausländische Hilfsorganisationen nach 1990 der Kinder in den Heimen annahmen, entschloss sich die Caritas Alba Iulia, sich vor allem um alte Menschen zu kümmern. Mit dem Altenheim St. Elisabeth in Gheorgheni entstand 1996 ein Modellprojekt für die ganze Region. Heute hat die Caritas Alba Iulia 600 MitarbeiterInnen und 500 Ehrenamtliche. 35.000 bedürftige Menschen profitieren jedes Jahr von den Dienstleistungen der Caritas Alba Iulia. Damit gehört sie zu den größten und wichtigsten Sozialorganisationen Rumäniens.

1991: Weißrussland

Eine Baustelle

1991 wurden die ersten Kontakte mit Weißrussland geknüpft - die Katastrophe von Tschernobyl lag erst 5 Jahre zurück. Die ersten Kinder aus den betroffenen Gebieten kamen 1991 nach Oberösterreich, bis 2009 konnten mehr als 12.000 Kinder begrüßt werden. Viele Gasteltern und Pfarren waren Jahr für Jahr bereit, Kinder aufzunehmen und es entstand dadurch auch eine Verbindung zwischen unseren beiden Ländern.

Auch in Weißrussland gelang es, gemeinsam mit den MitarbeiterInnen vor Ort, eine Caritasorganisation aufzubauen. In vier Diözesen und vielen Filialstellen erhalten zehntausende Menschen Hilfe. Die Rahmenbedingungen für die Arbeit der Caritas sind in Weißrussland besonders schwierig.

Mit dem Caritaszentrum St. Lukas wurde 2003 das größte Caritasprojekt in Weißrussland eröffnet. Mütter mit schwerkranken Kindern können hier während der Behandlungen und Untersuchungen wohnen, parallel dazu werden auch Kurse und Seminare für haupt- und ehrenamtliche MitarbeiterInnen und MitarbeiterInnen von staatlichen Sozialeinrichtungen angeboten.

Die Hilfe für Menschen mit Behinderungen ist ein Schwerpunkt der Caritasarbeit in Weißrussland. Die berüchtigten staatlichen Behindertenheime befinden sich in Weißrussland weiterhin großteils fernab jeglicher Zentren des gesellschaftlichen Lebens, ja sogar außerhalb der Kleinstädte und Dörfer, dort, wo niemand sie sieht. Dort ist wenig qualifiziertes Personal vorhanden. Die Heime sind geschlossene Institutionen, da den behinderten Menschen Gefährlichkeit nachgesagt wird und die Umgebung vor ihnen beschützt werden müsse. Die materiellen Mängel in diesen Heimen sind ebenfalls himmelschreiend (Sanitäranlagen, Ernährung, baulicher Zustand, Heizung). Die Caritas hilft mit materieller Unterstützung und mit Know-how.  In Gomel errichtete die Caritas ein Dorf für Kinder mit Behinderungen, das 2011 eröffnet wurde und ein Modellprojekt für das ganze Land ist. In Witebsk wurde eine Tagesbetreuungseinrichtung für schwer behinderte Kinder errichtet (Finanzierung Caritas OÖ und EU). Und es werden Seminare für MitarbeiterInnen in Behinderteneinrichtungen und für Eltern behinderter Kinder angeboten.

1992: Bosnien-Herzegowina

Eine Caritas-Hilfslieferung

1992 wurden die ersten Hilfslieferungen nach Mostar (Bosnien und Herzegowina) durchgeführt. Neben den Hilfslieferungen selbst finanzierte die Caritas Oberösterreich auch zwei Warenlager, damit die Hilfsgüter auch entsprechend verteilt werden konnten. Nach dem Friedenabkommen von Dayton 1995 wurden vor allem Wiederaufbauprogramme finanziert ("Dach über dem Kopf"). Das Land steht auch heute noch unter internationaler Verwaltung, die soziale und wirtschaftliche Situation hat sich kaum gebessert. Die Caritas Mostar kann auch heute noch kaum mit staatlicher Unterstützung für den Betrieb ihrer Sozialeinrichtungen rechnen.

Mit der Tagesheimstätte Nazaret für Menschen mit Behinderungen (Kooperation Caritas OÖ - Diakoniewerk Gallneukirchen) und dem Frauenhaus Mirjam (Kooperation Caritas OÖ - Welt der Frau) wurden zwei Einrichtungen geschaffen, die Modellcharakter in der Region haben. Nach wie vor wird ein Großteil der Sozialhilfe der Caritas Mostar mit Spenden aus Oberösterreich finanziert. Das jüngste Projekt - ein Ausbildungszentrum für Soziale Berufe - wurde im April 2016 abgeschlossen. Über 100 AltenhelferInnen wurden bisher an vier Standorten ausgebildet. Damit wurde ein neues Berufsbild in Bosnien-Herzegowina geschaffen. Dies bietet nun für viele Erwachsene den Weg aus der Arbeitslosigkeit und die Möglichkeit, einen staatlich anerkannten Beruf zu erlernen. Dieses Projekt wurde mit Geldern der ADA finanziert.

Zwischen drei oberösterreichischen Pfarren (Traunkirchen, St. Florian/Linz, Münzkirchen) und drei Pfarren in der Diözese Mostar bestehen Pfarr-Partnerschaften, die weit über das soziale Engagement hinausgehen. Es gibt weitere Pfarren in Bosnien-Herzegowina, Rumänien und Serbien, die gerne eine Partnerschaft mit einer oberösterreichischen Pfarre eingehen möchten.

1999: Kosovo, Serbien, Sibirien, Kongo

Flüchtlingskinder in schmutziger Kleidung

1999 war erneut rasche Hilfe im Kosovo notwendig: Notversorgung mit Lebensmitteln und Kleidung sowie eine entsprechende Beteiligung am Wiederaufbau wurden mit Spenden aus Oberösterreich finanziert. Ebenso galt es, die Flüchtlinge aus dem Kosovo in Serbien zu betreuen, die oft unter schrecklichen Bedingungen lebten, viele Roma waren betroffen. Seit 2001 gibt es daher eine Zusammenarbeit mit der Caritas der Diözese Subotica im Norden des Landes. Ein Schwerpunkt der Arbeit der Caritas in Serbien ist die Heimhilfe für alte und behinderte Menschen. Die Caritas OÖ unterstützt hier die Heimhilfeprogramme in der Diözese Subotica, unter anderem finanziert aus Spenden der Kirchenzeitung und einer Förderung des Außenministeriums. Daneben unterstützt die Caritas OÖ noch die Armenküche und ein Tageszentrum für alte Menschen der Caritas sowie die allgemeine Sozialhilfe.

Parallel dazu wurden und werden auch Projekte in Sibirien (Caritas Ostsibirien) und in der Demokratischen Republik Kongo finanziert. Schwerpunkt der Arbeit in Sibirien liegt in der Betreuung von Straßenkindern, Waisenkindern und Sozialwaisen, die zwar Eltern haben, die aber nicht in der Lage sind sich um Ihre Kinder zu kümmern. In Straßenkinderzentren in den westsibirischen Städten Angarsk, Tschita und Bratsk und in zwei Caritas-Kinderklubs in Novosibirsk finden Kinder einen sicheren Unterschlupf und oft auch ein neues zuhause.

Im Kongo gibt es eine Zusammenarbeit mit der Caritas Kinshasa, der Caritas Matadi in der Provinz Bas-Congo sowie mit der Caritas Katanga im Süden des Landes. Unterstützt werden vor allem Projekte im Bereich Landwirtschaft und Brunnenbau. Ziel in diesen Projekten ist es immer Menschen zu befähigen, sich selbst nachhaltig und ausgewogen ernähren zu können um möglichst nicht mehr auf Nahrungsmittelhilfe - mit Ausnahme von Ernährungszentren für unterernährte Kinder - angewiesen zu sein. Auch die Ausbildung von Kindern und Jugendlichen stellt einen wichtigen Aspekt in der Caritasarbeit im Kongo dar. Mit einer guten Ausbilung möchte es jungen Menschen ermöglichen, Zukunftsperspektiven für ein Leben im eigenen Land zu entwickeln.

Allgemeines

Die Auslandshilfe der Caritas Oberösterreich arbeitet immer langfristig mit Partnern im Ausland zusammen, eingebunden in das Netzwerk der Internationalen Caritas und entsprechend den festgelegten Schwerpunkten der Caritas Österreich. So ist es möglich, den Partnern im Ausland auch entsprechende Sicherheit und mittelfristige Finanzierungen für Projekte zuzusagen. Nur so kann Hilfe nachhaltig wirken. Darüber hinaus entstehen bei langfristigen Partnerschaften auch Kontakte auf anderen Ebenen (Pfarren, Schulen, Universitäten, usw), welche die Nothilfe der Caritas sinnvoll ergänzen und bereichern. Insgesamt konnten von 1990 bis 2016 Projekte mit ca. 34,3 Mio. Euro unterstützt werden und 800 LKW mit Hilfsgütern wurden geschickt. Der Großteil der Projekte wird aus Spenden von Pfarren, Privatpersonen und Unternehmen finanziert, ca. 10-15% aus öffentlichen Subventionen (Land OÖ, Bund, EU).

Die Aus- und Weiterbildung von MitarbeiterInnen der Partnerdiözesen war und ist ein Schwerpunkt der Auslandshilfe: Mit Kursen in den Partnerländern, mit Praktika und Seminaren in Oberösterreich werden ausländische MitarbeiterInnen in den jeweiligen Fachgebieten ausgebildet (z.B. Hospizarbeit, Betreuung von Menschen mit Behinderungen, Caritastheologie, Fundraising, Projektmanagement, Supervision und Coaching, usw.). 2003 gab es das erste PartnerInnentreffen zwischen der Caritas OÖ und allen osteuropäischen Partnerorganisationen, denn auch der wechselseitige Austausch und die Vernetzung untereinander schaffen Impulse für die Entwicklung unserer Organisationen. Ein erstes Folgetreffen fand 2005 auf Einladung der Caritas Budweis in Budweis und 2006 auf Einladung der Caritas Alba Iulia in Miercurea Cuic in Rumänien statt. 2011 und 2015 traf man sich wieder in Linz, dazischen, im Jahr 2013, erfolgte das Partnertreffen in Subotica/Serbien. In diesem Zusammenhang ist auch zu erwähnen, dass uns die sogenannte Strukturhilfe für unsere Partnerorganisationen immer wichtig ist. Es geht darum, die Organisationen selbst in ihrem Bestand und ihrer Entwicklung zu unterstützen, damit effiziente und nachhaltige Hilfe erst möglich wird - und bleibt. Neben der konkreten Hilfe in den Partnerländern ist es Aufgabe der Auslandshilfe, Pfarren und andere Gruppen bei der Durchführung von Hilfsprojekten zu beraten und zu unterstützen sowie in Schulen und Pfarren entsprechende Bildungsarbeit über die Situation in den Partnergebieten zu leisten.

Perspektiven

In den letzten Jahren ist es zu einer Schwerpunktverlagerung bei der Auslandshilfe der Caritas OÖ gekommen. Das Engagement in der Demokratischen Republik Kongo, einem der ärmsten Länder der Welt, hat deutlich zugenommen, während die Finanzierungen in einigen Ländern des ehemaligen Ostblocks abgenommen haben. Zurückzuführen ist das vor allem darauf, dass einerseits unsere Caritaspartner vor Ort eigenständige und zu einem hohen Maße auch selbsttragende Strukturen aufgebaut haben. Zum anderen beginnen in einigen der betroffenen Länder die staatlichen Sozialstrukturen allmählich zu funktionieren. Trotz Rückschlägen aufgrund der aktuellen Wirtschaftskrise ist daher Hilfe von außen nicht mehr in dem Maße notwendig, wie noch vor wenigen Jahren. Gleichzeitig haben sich die Partnerkontakte in den Kongo sehr gut entwickelt. Zusammen mit dem riesigen Bedarf an Hilfe in diesem Land war eine Ausweitung der Finanzierungen in diesem Land eine logische Konsequenz.

In den kommenden Jahren wird es bei der Auslandshilfe der Caritas OÖ zu einer deutlichen Umorientierung kommen. Ziel ist es die Programm- und Projektfinanzierung auf die inhaltlichen Schwerpunkte Kinder und Hungervorsorge und -bekämpfung, sowie regional auf die ärmsten Länder (LDC Least Developed Countries), insbesondere in Afrika, zu konzentrieren. Das beutet keine abrupte Beendigung des Engagements im Osten Europas. Besonders Weißrussland wird auf absehbare Zeit ein Schwerpunkt bei der Caritas Auslandsarbeit bleiben. Unabhängig davon bleibt die unmittelbare Hilfe bei Katastrophen, in enger Kooperation mit der Caritas Österreich, ein wichtiges Anliegen der Auslandshilfe.